Additionsphilosophie

Textprobe: Ressentiment

Textauszug aus: RESSENTIMENT. ADDITIONSPHILOSOPHIE
Von: Roland Kaschube

Anfang Kapitel Nr. 7, Seite 229 ff

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Additionismus - Was hat es nicht alles an Philosophie gegeben. Wieviele unterschiedliche Färbungen: Phänomenalismus, Marxismus, Idealismus, Logik, Transzendentalismus, Scholastik, Positivismus, die Stoa, ... Was haben wir beobachtet? Alles hat sich bereits einmal zugetragen auf der guten/schlechten MutterVaterErde, alles war vorher da, und wird es sein, wie es ist jetzt, war und nicht ist. Ähnlich Fichtes Wissenschaftslehre, versucht die Additionsphilosophie unversönliche Denkensrichtungen, Philosophien, in ein Paar Schuhe zu drücken, allerdings ist die Additionsphilosophie um einiges größer. Das Netz, das System, in das wir diese Strömungen einspinnen, ist aus Luft gebaut, nicht einmal aus Sauerstoff, denn der Mensch ist zwar Maß aller Dinge, aber muß deshalb nicht Maß aller Dinge sein. Dieses System als Anti-System im System bietet den Vorteil, daß es jederzeit anzweifelbar ist, darum ist es unzerstörbar, weil es noch in jedem Morast, Moral, Tümpel, Moor seine Säulen stehen hat; dies ist selbstklarnatürlich ideell, was ist nicht ideell? - Dabei geht die Philosophie der Addition als Hauptbetrachtungsgegenstand vom Menschen als Individuum aus, dem Purist, trägt existentielle Züge Und von der Masse als solcher. Träger ist alles zwie- und einspältige, daher fällt auch der Bereich der Ethik nicht besonders rosig aus, ist von einigen Verhellungen, wie auch immer durchzogen. Denn, dies ist eine persönliche Entscheidung, es wurde die Erfahrung gemacht, daß der Straßenmensch dazu verurteilt wurde, zumindest die meisten, alles breitzutreten. Was wir machen, ist nicht mehr, als unsere Philosophie breitzuwalzen und unsere eigene Lebensphilosophie zu leben. Nur zu!

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Von der Einheit im philosophischen Sinn
Jegliche Einheit ist auch eine Zwieheit. Wir sind genauso verschieden, wie wir gleich sind. Es ist ein geordnetes Chaos, in dem wir leben. Wie finden wir heraus? Durch Nachdenken. Überlegen. - Ich kann nicht leben von der Hand in den Mund. Jeglicher Konsum ist blind. Der Grat ist der Mittelweg. Wir sind klug, denn wir besitzen das Kulturgut der vergangenen Epochen, was sind wir reich! Was ist meine Bestimmung? Die, die es ist. Sie ist mannigfaltig. So sind wir mit uns selbst verschmolzen, und kritisch wollen wir sein, wieder & wieder, so erhalten wir uns. Die Metaphysik in Form von Additionsphilosophie muß meine Wurzeln mir zeigen, damit ich weiß, wo ich stehe in der Geschichte. Im gestern, im heute, im morgen; in der Quintessenz des Vorangegangenen; in der Supersynthese der Heutzeit. International/National stapeln wir an Schichten unseres Daseins. Noch nie war unser Sein so zweifelhaft und derart verquollen wie jetzt. Unser Ursprung ist verschieden, aber gleich. Die Möglichkeit des Zusammenschlusses durch Addition. Additionsphilosophie ist die Verbindung dessen, was vorher getrennt war. Die Philosophie von heute und von morgen.

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Man wird sich noch wundern, was Additionsphilosophie alles umfaßt, was wir mit ihrer Hilfe in Kürze und völlig schnell zur Philosophie erheben. Zu Ohren gekommen sind mir Bestrebungen, die Architektur ins nähere Umfeld einzubeziehen. Was noch? Bestimmt: Kleidung, die Klamotten. Selbst an dieser Stelle macht sich die Philosophie der Verschmelzung dünn & breit, so verquicken mitunter die Geschlechter. Bis vor Jahren führten die Frauen in ihrer Oberbekleidung Schulterpolster mit sich. Wozu? Sollten hier breitere, männlichere Schultern imitiert werden? Sollte sich dem anderen Geschlecht angenähert werden? Ich will dies keineswegs auf weichen Schulterpolstern aufbauen, aber warum tragen viele Männer, besonders in Europa, diese häßlichen Slipper-Schuhe, die eigentlich den Frauen vorbehalten waren. Das Individuum bildet eine Existenz und eine Masse tut dies gleich, indem sie Charakter gewinnt, den jede Masse besitzt. Dies ist ein Kennzeichen von Mode. Wir lieben den Trend nicht, unterworfen sind wir ihm trotzdem. Wie Karl Lagerfeld bemerkte, muß man einen gewissen Draht zum Puls der Zeit besitzen. Und ich würde noch bemerken, daß man-selbst sich nie verschließen darf, um nicht unterzugehen. Die Additionsphilosophie bildet den plakativen Oberbegriff, von dem ihr euch lösen müßtet, um alles zu begreifen.

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Wann ist ein/das Ideal überwunden? Wenn der Schmerz und der Zweifel überwunden sind. Generalöses Schweigen als Analgesie. Sollte keiner mehr Widerworte finden, und keiner entgegnet Entgegengesetztes oder Anderes oder Ärgerliches, haben wir es geschafft, wir sind endlich... Was besagt die Additionsklausel? Daß, wer alles, wirklich alles, ausspricht, nicht gerade viel gesagt hat, und der, der nichts sagt, auch alles gesagt hat, obwohl er wenig sagte, denn auch der Stumme redet, und das ist des Artikulierens zuviel. Mag der eine es schwerhart versuchen, dieser freien Schranke, der gefesselten Freiheit, der uneingeschränkten Enge zu entgehen, durch Freitod? wirst Du nicht verrinnen, denn allein Kants Beharrungsparagraph zeigt uns dies in aller Schärfe und Benebelung. Zwar ist auch dies anzweifelbar und widerleglich, dies gilt es zu überwinden. Wodurch? Durch die totale Totale, welch‘ eitel Tautologie, sei es so. Lassen wir es einfach. Die Bemühungen Wittgensteins stellen einen ehrlichen Versuch dar, durch das Auseinanderrupfen der Sprache, Philosophie zu überwinden, wie jede Erste Philosophie auch, Aristoteles, Fichte, usw. Dazu bedarf es auch der Philosophie, denn Philosophie überwindet Philosophie.

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Wir sind die Bewohner, aus unserer Sicht, dieses Erdballs. Jawohl, ein Ball soll es sein, ein riesiger. - Geprägt ist unser zwischenmenschliches Leben von zwei Superhauptkomponenten: dem Gefühl, wie immer dies (psychologisch) gesehen wird (irrational) und dem Verstand (rational, Mathematik, Beweise durch Erfahrung). Was hier erwirkt werden soll, ist gegenseitiges Verständnis um friedvolleren, was nicht illusorisch ist, was es ist, Umgang miteinander. W a s n i c h t g e t r e n n t w e r d e n k a n n, m u ß g e t r e n n t w e r d e n, w a s g e t r e n n t i s t, m u ß z u s a m m e n g e f ü h r t w e r d e n; k a n n. Beide Einstellungen begründen die Erscheinung dieser Welt verschieden: die einen wissen um ihre Existenz, die anderen glauben dran. Da alles sinnlos ist, wie es einen Sinn hat, wird sich der Wissensglaube anschließen, der mit beiden Seiten lebt, jede für sich ablehnenswert und anerkennenswert befindet. Keine der beiden Superhauptkomponenten begründet diese Welt ausreichend - jeweils fehlt etwas entscheidendes: die Rationalisten lassen dem Gefühl wenig Platz, behaupten es zu berechnen. Die Irrationalisten stehen der Tradition des Gedankens kritisch gegenüber, ein Gedanke, ein Gefühl, etc. entsteht zufällig, sind nicht vorhersehbar. Zahllose Beispiele belegen das eine oder das andere Modell. Die Ausgabe durch den Additionismus ist es nun, beide versöhnend zusammenzuführen, um eine momentan glaubwürdigere wissenhaftere Methode zu entwickeln, die des singulären Pluralismus, um diese Welt erneut vorerst zu begründen. Und den Bestand im Wandel aufzuzeigen.

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Viele sind bestimmt der Ansicht, es müsse getrennt werden. Die denkerischen Strömungen von den Lebenshaltungen, den Kulturepochen, das Musische vom Schreiben, das Schreiben von der Philosophie, die Philosophie von der Musik, usw. Wer der Trennung mehr zuneigt, soll dies machen. Da jedoch wenig leugbar die Grenzen, es sind also welches da, zwischen diesen Menschenprodukten fließend verlaufen, kann gemischt werden. Hieraus ergibt sich selbstredend eine Erlaubnis, die das Einzelne und das Viele im Ganzen betrachten läßt; eine völlige Verquickung erdenklicher und erfühlbarer Strömungen ist somit zulässig und additiv. Gleichzeitig muß betont werden, indem hier keine Einschränkung vorgenommen wird, somit jeder für sich das Recht besitzt zu trennen und zu vermischen, was beides unvermeidbar und rechtens ist.

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Das Prinzip des Additionismus, falls er eins hat, besteht in dem Ideal, daß jeder Mensch, alle Menschen, mindestens ein (oder mehrere) Ideal(e) besitzt. Diese Ideale formen sich mittels Gedanken, Sprache, Schrift, usw. zu Umgangsformen, deren Aussagen mitunter Konträre darstellen. Ob bewußt oder unbewußt, viele Ideale vereinigen sich häufiger zu einem Individuum; dies macht den Hauptbestandteil des Individuums aus (nichts des Wesens!). Selbstverständlich kann auch eine Menge oder gar eine Masse ein Individuum verkörpern. So erhalten wir die Schwammhaftigkeit. Damit sich diese Ideale widersprechen, wird vorausgesetzt, daß jedes Ding eine bestimmte, eine ethische Polarität besitzt. Der einzige, von jeglicher Polarität befreite Gegenstand, könnte nach Kant das Ding an sich sein. Immer bloß ein Abbild des Gegenstandes darstellend und nie der Gegenstand selbst seiend. Jedes Nicht-Ding an sich ist folglich (also alles) ein mit Polarität/Spannung versehener Gegenstand. Jeder Gegenstand besitzt, weil ein Ding an sich ein unerreichbares Ideal verkörpert, ein Gegenteil, einen Gegenpol, etwas Gegenübergestelltes; davon mindestens eines, öfters jedoch mehrere bzw. viele. - Um diesen logischen Unpfad penetranterweise möglichst schnell zu verlassen, sollten wir anfügen, daß Kants Ding an sich-Theorie immer spekulativ sein wird.

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Was das Ideal des Puristen betrifft, so gelten für ihn einige bestimmte Merkmale, die nie absolut gelten können, da es nie reine Absolutheit gibt, denn diese ist klar dem Zeitprinzip unterworfen, somit immer Vergangenheit, der Purist währt jedoch unbestimmt unbestimmend eine Dauer eines Zeitraums. Der Purist im Idealfall folgt einem Ideal, das ihn bestimmt hat, oder er bestimmte; er folgt diesem einen Prinzip in versuchender Objektivität und ist bemüht, die durch sein System entstandenen Grenzen und Eingrenzungen weitgehend einzuhalten. Ob dies erreicht wird, ist von sekundärer Natur, es handelt sich hierbei um ein Ideal und um ein abstrakt reelles Beispiel. Der Purist, die Puristin zeichnet sich durch den Versuch der Reinheit, also der Unverfälschtheit der eigenen adoptierten Lehre aus, dabei werden alle Merkmale, deren Äußerungen, Manifestationen, herbeigezogen, um unter einer bestimmten Unterschrift (Überschrift) Unterschlupf zu finden; es ist ein Sammelbecken für sämtliche Gedanken, Ideen, Gefühle, etc., die durch Vorgabe festgesetzt werden; da die Grenzen allerdings fließend bzw. in polemischer Weise verlaufen, ist diese Vorgabe recht ideell und nie absolut definiert, aber stets ein wenig vage. - Den Purist in reiner Form trifft man-selbst sehr selten. Er stellt sich dar als jemand, der nur seinem einen Ziel folgt und alles andere abtut, z.B. ein Buddha-Mönch. Einziges Regulativ seines Handelns stellt sein Verlangen nach Übergang in das Nirwana dar, sonst hegt er keine bis wenig weiteren Interessen; Grundbedürfnisse. Dies zeigt, daß die wenigsten Puristen sind. Dieser Mönch stellt keinen 100%igen Puristen dar, wenn er sich z.B. seinen Lebensunterhalt verdienen muß, er verfolgt dann nicht mehr nur eine Sache; es beweist, daß es nirgendwo 100%igkeit gibt, andererseits sind derartige Kleinigkeiten stets ein wenig zu vernachlässigen, da sie gegen Null divergieren.

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Vom Quintessenzismus - diese Zeit ist beseelt von einem großen Egoismus, wobei der Selbstmord dessen höchste Form darstellt. Der Prozeß der (Lebens)Erfahrung beschränkt sich auf den Horizont, inwieweit Handlungen, Gefühle und Gedanken das eigene Sein/Nichtsein durchfluten. Diese Handlung ist letztendlich ein Ausrichten auf sich selbst. In Bezug auf kulturhistorische Wurzeln läßt sich diese Aussage so hinbiegen, daß die Behauptung gewagt werden kann, der heutige Mensch sieht seine ideelle Herkunft (durch Literatur, Historie, Philosophie, Architektur, etc.) leugnet sie aber, weil die Ratio diese Überlegung ablehnt. Das, was von kulturellen Basispunkten übrig geblieben ist, sind gewisse Quintessenzen der Epochen. Diese Quintessenzen erhält man-selbst, indem Hauptaussagen, die vermeintlich wirken, auf einen angenommenen Nenner gebracht und addiert werden, was eigentlich Philosophen vorbehalten sein sollte. Für Europa war die Entwicklung von Kant bis Nietzsche (Jaspers, Heidegger, Sartre) von Wichtigkeit. Dieses Ergebnis ist nun bestimmt irrationaler Natur, demnach bestimmend für den weiteren Gang. Additionismus ist die Supersynthese der Quintessenzen.

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Es besteht die Additionsdenkweise aus einer multipluralen Lebensform. Sie stellt es frei und gebietet derart viel Platz für die Möglichkeiten einer Lebenseinteilung, die es erlaubt und begünstigt, seine eigene Position täglich zu ändern. Diese Wechselhaftigkeit wäre in der Tat katastrophal für das tägliche Leben und wird wohl auch lediglich bei pathologisch verwirrten Menschen zu finden sein (sofern ich hier nicht irre!); andererseits befinden wir uns täglich in Konfrontationen, die blitzartige Umstellungen in der Denkweise geradezu erfordern. In der Praxis, der immer auch ein Grad an Theorie anhaftet, tritt der Vorgang des raschen, spontanen Gedankenwechsels natürlich recht selten ein. Die Maxime unter der die Alles & Nichts-Philosophie steht ist somit sehr hoch gegriffen und absichtlich so weit gesteckt worden, damit es nicht, wie bei vielen anderen Philosophien (eigentlich allen), die irgendwie den Verstand, das Gefühl, die Logik, die Natur oder sonst etwas postulieren. Statt Alles Und Nichts könnte es auch heißen: vieles und einiges, da manche es nie vollbringen werden, ihre Grenzen auch nur ansatzweise zu durchbrechen. (NB: Lustig, dieser schwebende Satz, nicht wahr?!)

Umschlag "Ressentiment"

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318 Seiten, 29,65 EUR
ISBN: 3-8311-0619-3


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Das Prinzip Verbindung


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Was ist Additionsphilosophie?